In diesem Artikel will ich einen Ausblick auf die nächste Version der freien Desktop-Publishing-Software Scribus werfen, indem ich meine Erfahrungen mit der Entwicklerversion 1.5 notiere und die Neuerungen zusammenfasse.
Die aktuelle stabile Version ist zur Zeit 1.4.5, die Entwicklerversion („Alpha“) ist Version 1.5 (hier geht’s zur Roadmap), aus der dann später die stabile 1.6er Reihe wird. Ein genauer Termin der Veröffentlichung von Scribus 1.6 ist noch nicht abzusehen.
Die Entwickler-Vorschau aus dem PPA installieren
Für Ubuntu gibt es ein PPA (dieses habe ich für diesen Artikel unter Ubuntu 14.04 benutzt), das täglich aktualisiert wird und eine bequeme Installation ermöglicht:
https://launchpad.net/~scribus/+archive/ubuntu/ppa
Für Mac OS X und OpenSUSE gibt es (weiter unten) auf der Download-Seite des Scribus-Projekts fertige Pakete.
Neue / verbesserte Funktionen
Unterstützung für Schatten
In Scribus 1.4.x mussten Schatten entweder mit einem Bildbearbeitungsprogramm wie GIMP erzeugt oder durch einen dunklen Rahmen hinter dem Objekt simuliert werden.
Damit ist in Scribus 1.5 Schluss:
Ein Klick im Eigenschaften-Fenster und schon ist ein Schatten da 🙂
Tabellen
In Scribus-Versionen <1.4.x bestand die Tabellen-Unterstützung aus gruppierten Textrahmen, was nicht wesentlich praktischer war, als ein Textfeld mit mehreren Linien darüber als Tabelle zu verwenden.
Die Tabellenmaße lassen sich – wie von einer durchschnittlichen Textverarbeitung gewohnt – ändern. Über das Kontext-Menü (links Rechtsklick auf die Tabelle, rechts auf eine Tabellenzelle) lassen sich Zeilen und Spalten löschen und hinzufügen:
In der Stilverwaltung lassen sich zwar Tabellen- und Zellstile anlegen, viel einstellen lässt sich hier aber noch nicht. Ebenso wie die Einstellungen unter dem Reiter „Tabelle“ im Eigenschaften-Fenster scheint hier also noch Arbeit auf die Entwickler zu warten…
Fuß-/Endnoten
Bisher gab es „Work-Arounds“ für das Einfügen von Fußnoten in Scribus.
Fußnoten können über Einfügen > Marken > Fuß-/Endnote in einen Textrahmen eingefügt werden und erscheinen dann am unteren Rand des Textrahmens.
Die Nummerierung der Fußnoten im Dokument ist immer aufsteigend, unabhängig von der Reihenfolge beim EInfügen der Fußnoten, bei nachträglich eingefügten Fußnoten erfolgt daher eine Neunummerierung. Auch über mehrere einzelne oder verkettete Textrahmen hinweg bleibt die Nummerierung konsistent.
Die Formatierung erfolgt manuell oder Stile, die in einem Fenster unter Bearbeiten –> Fuß-/Endnotenstile… zugewiesen werden können:
„Nativer“ PDF-Import
Bis Scribus 1.4.x wurden PDF-Dateien wie ein Bild in einen Bildrahmen geladen und auch als solches behandelt. Beim PDF-Export gibt es die Optionen, die PDF-Datei einzubetten (PDF wird unverändert übernommen, allerdings kann z.B. ein abweichendes Farbmodell beim Druck Probleme bereiten) oder die PDF (bzw. ein EPS) in Bitmap-Daten umwandeln, was zwar bezüglich des Farbmodells unkritischer als ersteres, hat allerdings den Nachteil, dass eingebundene Farbprofile nicht übernommen werden und Vektor- (z.B. Schrift) in Bitmap-Daten umgewandelt werden.
Die Neuerung in 1.5 ist, dass über Datei > Importieren > Vektorgrafik importieren… eine PDF-Datei „nativ“ importiert wird und man jetzt eine Seite (in 1.4.x wurde immer die erste Seite importiert) auswählen kann:
Nach dem Import liegt die PDF als eine Gruppe von Bildern und Text als Vektordaten vor. Bilder und Vektordaten können daher bearbeitet werden, das Layout bleibt folglich erhalten.
Zwar kann der Text in Scribus nicht als Text bearbeitet werden, jedoch können einzelne oder mehrere Buchstaben gelöscht oder ersetzt werden, oder ihre Farbe geändert werden.
Dies ist meiner Meinung nach eines der spannendsten Features von Scribus 1.5, weil es PDF-Dateien besser manipulierbar und in ein Layout integrierbar macht.
Marker
Marker sind ein Konzept, um im Text auf Text oder andere Objekte zu verweisen, sie können über Einfügen > Marken in den Text eingefügt und über den Menüpunkt Bearbeiten verwaltet werden, folgende Marker gibt es:
- Anker sind Markierungen einer Textstelle, die damit referenzierbar wird
- Textmarkenreferenzen sind das Gegenstück zum Anker, sie werden dynmaisch durch die Nummer der Seiten ersetzt, auf der sich die mit dem Anker referenzierte Textstelle befindet.
- Objektreferenzen funktionieren ähnlich wie Textmarkenreferenzen, nur referenzieren sie Objekte statt Textstellen
- Textvariablen sind Platzhalter für einen zentral festzulegenden Text
Weitere Verbesserungen
- Hurenkind- und Schusterjungen-Regelung
- Unter „Absatzeffekte“ lassen sich in der Stilverwaltung Aufzählungszeichen, Nummerierung und Initialen konfigurieren und diesen Effekten jeweils ein bestimmter Zeichenstil zuordnen.
- Unterstützung mehrerer Datei-Formate sowohl im Import (InDesign, MS Publisher, Viva Designer) als auch im Export (PDF/X-1a, PDF/X-4) hinzugefügt
- Kleinere Verbesserungen an der Benutzeroberfläche:
- Einmal geöffnete Reiter in der Eigenschaften-Palette bleiben geöffnet, bis sie bewusst geschlossen werden; sie bleiben sogar beim Schließen des Eigenschaften-Fensters erhalten
- Stile können in der Eigenschafts-Palette direkt unter dem Reiter „Text“ zugewiesen werden und nicht wie bisher ausschließlich unter dem Reiter „Stile“
Fazit
Wenn Scribus 1.6 als stabile Version veröffentlicht wird, bringt sie tolle Features mit, jetzt sollte die Alpha-Version jedoch nicht produktiv eingesetzt werden, weil sie gerne mal abstürzt (sonst wär’s ja keine Alpha-Version 😉 )
Nach dem jetzigen Stand der Entwicklung ist ein Umstieg auf die neuere Version leicht möglich (alte Dateiformate werden weiterhin lesend unterstützt, die Benutzer-Oberfläche hat sich nicht allzu stark verändert), sobald sie als stabil veröffentlicht wurde.
Hallo Julius,
ich habe Scribus 1.4.6 unter windows 10 installiert und komme auch einigermaßen damit zurecht. Allerdings werden bei mir beim Export als PDF keinerlei Schriften in das PDF Dokument eingebettet, obwohl Sie im Auswahlfenster beim Export als eingebettet angezeigt werden. Ghostscript habe ich auch installiert, falls das für diese Funktion von Bedeutung wäre.
Da nützen mir leider die tollsten Features nichts, ohne eingebette Schriftarten kann ich nichts an die Druckerei schicken.
Hast du da andere Erfahrungen, oder weisst du woran es liegen könnte?
Hallo Wolfgang,
das klingt entweder nach einem Bedienungsfehler oder einem Fehler in Scribus (den ich so aber noch nie bemerkt habe). Es könnte sich aber auch um einen Fehler im PDF-Betrachter handeln. Vielleicht kennst du auch den Unterschied zwischen Einbetten und in Kurven umwandeln nicht (blanke Unterstellung, ich kenne ja deinen Kenntnisstand nicht!):
Es gibt einige Schriftarten, die sich aus technischen oder lizenzrechtlichen Gründen nur in Kurven umwandeln, aber nicht einbetten lassen.
Wenn du magst, eröffne im deutschen Scribus-Forum ein neues Thema und dann werden wird dort gemeinsam eine Lösung finden.
Weitere hilfreiche Informationen wären:
Gruß
Julius
Hallo Julius,
vielen Dank für deine Antwort und das Hilfsangebot. Die Schriften habe ich vollständig eingebettet (oberes Kästchen), bis jetzt mit Verdana und Arial Regular und Bold. Bei den Scribus-Einstellungen Schriftarten habe ich jeweils das Häkchen bei Unterteilen entfernt. Ich habe auch versucht, ob es mit Scribus „als Administrator starten“ funktioniert, aber geht auch nicht.
Als PDF-Betrachter nutze ich PDF-ExchangeViewer oder auch PDF Exchange Editor. Ich habe auch mit Acrobat 5 nachgesehen (habe nur diese ältere Lizenz), in keinem Programm werden die Schriftarten als eingebettet angezeigt. Bisher habe ich immer mit Publisher 2003 meine Broschüren erstellt und dann mit PDF-Creator umgewandelt. Seit meinem neuen Publisher 2013 werden dort leider alle Farben nur noch als RGB bearbeitet, deshalb wollte ich es gerne mal mit Scribus versuchen. Übrigens habe ich Scribus auf zwei PCs mit Windows 10, jeweils eigener Download, installiert. Somit schließe ich einen Installationsfehler aus. Ganz zur Not müsste ich Scribus mal unter Ubuntu installieren, vielleicht geht es damit. Das wäre aber nur meine Notlösung.
Das Forum hört sich gut an, vielleicht hat jemand dort etwas ähnliches oder eine Lösung. Wie kann ich dir eine Testdatei zukommen lassen?
Viele Grüße
Wolfgang
Hallo Wolfgang,
ich habe leider wirklich keine Ahnung, woran es liegen könnte. Das beste wäre wirklich, dein Problem im Scribus-Forum zu schildern und dort auch deine Dateien hochzuladen – falls deine Dateien sensible Daten enthalten, kannst du ja versuchen, ein neutraleres Beispiel zu erstellen.
Gruß
Julius
Hallo Julius,
ich möchte auch hier kurz das Ergebnis meiner Recherche bekanntgeben.
In Scribus 1.4.6 funktioniert das Einbetten der Windows-Schriftarten nicht. Freie Fonts können jedoch problemlos eingebettet werden. Nach meiner Einschätzung ist dies nicht wegen MS-Lizenzrechten, sondern es scheint sich um einen Bug in der Scribus-Version 1.4.6 zu handeln.
Ich habe versuchsweise Scribus 1.5.1 installiert, das laut Beschreibung ziemlich fertig und robust sein soll. (Kann man parallel installieren). Mit dieser Version funktioniert das Einbetten auch mit den Windows-Schriftarten einwandfrei.
Viele Grüße
Wolfgang K.
Hallo Wolfgang,
darauf wäre ich nie gekommen, man lernt ja nie aus 🙂
Ich verlinke einfach mal den betreffenden Forumsthread.
Es ist übrigens so, dass man jede Scribus-Version parallel zu einer anderen installieren kann. 1.4.6 parallel zu 1.4.5 funktioniert beispielsweise genauso.
Gruß
Julius
Ach, das ist interessant. Dann probiere ich einfach mehrere Versionen, bis mal eine funktioniert. Wollte schon fast deinstallieren…
Bin hier gelandet, weil ich nach Schriften einbetten gesucht habe – in Scribus 1.5.0 kann man zwar beim PDF-Export die genutzten Schriften zum Einbetten auswählen und den Pfeil anklicken, aber danach stehen sie nicht im Kasten rechts, sehr seltsam.
Ich verwende eine freie Schrift, und wenn ich damit Dateien ansehe, die ich mit einer älteren Scribus-Version erstellt habe, wird die Schrift nicht erkannt. Da scheint noch einiges im Argen zu liegen.
Wenn Indesign nicht auch ständig was Neues rausbringen würde, würde ich umsteigen. Marktlücke: Software für Leute über 40, die froh sind, wenn mal was funktioniert und nicht ständig den neuesten Scheiß brauchen. Ich werfe dann mal den alten PC an und schaue nach, welche Version da drauf war und ob es die noch gibt.
So, noch ein kleiner Nachtrag: Mir ist erst jetzt mit etwas Abstand aufgefallen, dass die Schriften, die man zum Einbetten rüberklicken will, im unteren Kasten („in Kurven umwandeln“) landen. Da ist nicht ganz klar, was das bedeuten soll.
Was auch seltsam ist: Bei manchen Formen (ich rede jetzt nur von Quadraten und quadratischen Bildern) kann man die Ecken abrunden, bei anderen ist diese Funktion inaktiv. Auch Version 1.5.0.
Update: Das ist nicht generell so, ich habe jetzt einfach die Form (deren Ecken sich nicht runden ließen) gelöscht und eine neue angelegt, jetzt geht es doch.